Grenzflächen und gekoppelte Transportprozesse
Land / Region: Deutschland
Projektanfang: 23.07.2020
Projektende: 31.12.2026
Projektstand: 27.10.2021
Die Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle in Deutschland regelt das Gesetz zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle (StandAG). Das derzeitige Konzept sieht eine Lagerung in einem Wirtsgestein vor. Laut Gesetz kommen dafür grundsätzlich die Wirtsgesteine Steinsalz, Tongestein und Kristallingestein in Betracht. Tongesteine, die in diesem Projekt behandelt werden, haben durch den Gehalt quellfähiger Tonminerale den Vorteil, dass die Durchlässigkeit gegenüber Fluiden vergleichsweise gering ist. Eine geringe Durchlässigkeit wirkt abdichtend und verlangsamt somit den möglichen Transport von radioaktiven Stoffen.
Im Allgemeinen hängt die Durchlässigkeit eines Gesteins von der vorherrschenden Porengröße, der mineralogischen Zusammensetzung und der Natur der darin enthaltenen wässrigen Lösungen ab. Da alle Minerale im Kontakt mit wässrigen Lösungen eine Oberflächenladung aufbauen und wässrige Lösungen gelöste Ionen enthalten, werden zusätzlich zu einem rein hydraulischen Flüssigkeitstransport auch elektrokinetische Transportvorgänge stattfinden. Unter elektrokinetischen Transportvorgängen werden Phänomene zusammengefasst, die durch die Bewegung gelöster Ionen entlang geladener Oberflächen hervorgerufen werden. Die Durchlässigkeit eines Gesteins gegenüber einer bestimmten wässrigen Lösung wird also vom gleichzeitigen Transport einer Flüssigkeit, den darin gelösten Ionen und der Art der Mineraloberflächen bestimmt. Da sich diese Prozesse gegenseitig beeinflussen, wird von gekoppelten Transportprozessen gesprochen. Als Beispiel wird in Abbildung 1 die Permeabilität, welche ein Maß für die Durchlässigkeit ist, als Funktion des Salzgehaltes in einer wässrigen Lösung dargestellt. Aus dieser Abbildung wird ersichtlich, dass die Permeabilität, und somit die Durchlässigkeit, mit sinkender Salzkonzentration abnimmt.
Im Rahmen des Projektes „gekoppelte Transportprozesse“ soll der Einfluss von Porendurchmesser und chemischer Zusammensetzung des Wassers auf die Permeabilität untersucht werden. Dafür ist es notwendig, die Wechselwirkungen unterschiedlicher im Wasser gelöster Spezies mit den Oberflächen der Minerale zu verstehen, da die Mineraloberflächen die Geschwindigkeit (Mobilität) dieser Spezies mitbestimmen. Solchen Wechselwirkungen können mit unterschiedlichen chemischen und physikalischen Methoden untersucht werden. Dazu gehört auch das Messen elektrischer Potentiale. Sie entstehen durch die Oberflächenladung der Mineralkörner, die Einwirkung gelöster Substanzen aber auch durch den Abstand von Mineraloberflächen zueinander (Porendurchmesser). In diesem Projekt werden nicht nur unterschiedlichste Methodenkombinationen eingesetzt, sondern auch ein sondern auch ein, hinsichtlich Porendurchmesser, repräsentativer Probensatz von Tonsteinen untersucht. Basierend auf einem verbesserten Verständnis der gekoppelten Transportprozesse wird es möglich sein, die Barriereeigenschaften unterschiedlicher Ton-Wirtsgesteine realistischer zu vergleichen.