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Die Hemmoor-Sammlung im GEOZENTRUM HANNOVER

Dort, wo sich heute der bei Tauchern sehr beliebte Kreidesee Hemmoor befindet, war früher ein großer Aufschluss in der Oberkreide. Er liegt ca. 60 km WNW von Hamburg in Niedersachsen. Im Bereich Hemmoor ist die höchste Oberkreide-Stufe, das Maastricht mit insgesamt 232 m Mächtigkeit erbohrt, davon gehören 117 m zum Unter-Maastricht und 115 m zum Ober-Maastricht. In der Grube (Ausmaße der Grube: ca. 1,2 km lang und 120 m tief) waren insgesamt 141,5 m aufgeschlossen, davon 56,6 m Unter-Maastricht und 85 m Ober-Maastricht.

Zusammen mit den ehemaligen Kreide-Gruben in Lägerdorf und Kronsmoor, die ähnliche, nahezu ungestörte Lagerungsverhältnisse aufweisen, ergibt das ein für Norddeutschland einmaliges Profil vom mittleren Coniac – oberes Ober-Maastricht (LKH-Profil: Lägerdorf, Kronsmoor, Hemmoor) über einen Zeitraum von 20 Millionen Jahren; in Hemmoor sind davon ca. 4,5 Millionen Jahre dokumentiert. Aus Lägerdorf und Kronsmoor gibt es in der Sammlung im GEOZENTRUM HANNOVER zahlreiche Belegstücke. Die größte Sammlung ist jedoch die Hemmoor-Sammlung mit insgesamt acht Schränken. Damit bietet sich Wissenschaftlern aus aller Welt die Gelegenheit, durch sorgfältige Dokumentation und umfangreiche Bearbeitung geeichtes Material mit modernen Methoden weiter untersuchen zu können.

Der aktive Abbau der Kreidesedimente für die Zementherstellung erfolgte in der Grube Hemmoor von 1850 – 1977. Als absehbar war, dass der Abbau eingestellt werden soll, wurden unter dem damaligen Leiter des Bereichs Paläontologie/Stratigraphie am Niedersächsischen Landesamt für Bodenforschung (heute Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie, LBEG), Prof. Dr. Friedrich Schmid, im Rahmen eines DFG-Schwerpunktprogramms (Geologische Korrelationsforschung) das gesamte Profil der Grube horizontiert aufgenommen, 92 Großproben gewonnen und intensive horizontierte Fossilaufsammlungen durchgeführt. In Hannover wurden nicht nur die Großproben und die gesammelten Fossilien präpariert und archiviert, sondern auch die umfangreiche Meso- und Mikrofauna ausgewertet und ebenfalls an gleicher Stelle hinterlegt.

Die größte Fossilgruppe stellen Seeigel, insgesamt 1015 Exemplare, die sortiert nach den Entnahmehorizonten in zwei Schränken aufbewahrt werden (davon irreguläre Echiniden: 845 Exempare). Sehr häufig sind Brachiopoden: Neoliththyrina sp.: 60 Exemplare, Chatwinothyris sp. bzw. Carneithyris sp. ca. 26 Exemplare; Terebratuliden: 45 Schachteln, Magas sp. 7 Schachteln; "Rhynchonelliden" ca. 200 Exemplare.

Daneben sind Belemniten, Ammoniten, Nautiliden, Muscheln, Gastropoden, Schwämme (ca. 50 Reste; Porosphaera sp. 40 Schachteln), Korallen und Problematika dokumentiert. Zur Meso- und Mikrofauna gehören Foraminiferen, Ostrakoden, Bryozoen, Serpuliden und Fischzähne. Die winzigen Coccolithen, die ca 75 % des Kreidesediments ausmachen, wurden mit dem Rasterelektronenmikroskop (REM) untersucht und die Ergebnisse dokumentiert.

Neben den meist kalkigen Fossilien wurden auch die Feuersteine (Flint), die in 79 schichtparallelen Lagen innerhalb des Profils angetroffen wurden, dokumentiert und horizontiert gesammelt, davon stammen 50 Proben aus dem Unter- und 29 Proben aus dem Obermaastricht (zwei Schränke, insgesamt 38 Schubladen). Bemerkenswert sind große sogenannte Paramoudra-Flinte, die mit Durchmessern von mehr als 1 m sehr groß werden können. Sie sind meist senkrecht zu den Feuersteinlagen angeordnet. Ihre Herkunft ist unklar, meist werden sie als Grabgänge eines unbekannten Erzeugers gedeutet (Bathichnus paramoudrae). Ein 1974 gefundenes, nahezu kugeliges Exemplar mit einem Umfang von 2,73 m, dem Durchmesser von 87 cm und einem Gewicht von 890 kg ist vermutlich das größte seiner Art, das jemals aus der nordeuropäischen Kreide geborgen wurde. Es war zunächst im Steingarten des GEOZENTRUMs ausgestellt, wurde dann aber wegen seiner Frostunbeständigkeit in das Natureum Unterelbe in Balje gebracht und ist seit 2013 zurück an seinem Herkunftsort, im Hemmoorium, dem Heimatmuseum der Gemeinde Hemmoor.

Auch Mineralien, die im Kreidesediment entstanden sind, sind archiviert: Pyrit- und Markasitkonkretionen, Calcitkristalle, vorwiegend in Seeigelgehäusen sowie blauer Chalcedon auf Zerrklüften. Alle etwa 150 Konkretionen wurden horizontiert geborgen.

Die Kreidegrube Hemmoor 1975Die Kreidegrube Hemmoor 1975

Bodo Waterstradt bei der Gewinnung von Großproben (etwa 1975)Bodo Waterstradt bei der Gewinnung von Großproben (etwa 1975)

Nummerierung der SchichtenNummerierung der Schichten

Die Hemmoorkugel vor dem GEOZENTRUM HANNOVER (vor 1991)Die Hemmoorkugel vor dem GEOZENTRUM HANNOVER (vor 1991)

Schrank mit horizontiert entnommenen Kreide-GroßprobenSchrank mit horizontiert entnommenen Kreide-Großproben

Schublade mit hoizontiert entnommenen Feuersteinen (Flint)Schublade mit hoizontiert entnommenen Feuersteinen (Flint)

Schublade mit SeeigelnSchublade mit Seeigeln

Schublade mit Fossilien; hier: vorwiegend BrachiopodenSchublade mit Fossilien; hier: vorwiegend Brachiopoden

Schublade mit MikrofossilzellenSchublade mit Mikrofossilzellen

Literaturverzeichnis zur Oberkreide von Hemmoor

Kontakt

    
Dr. Olaf Lenz
Tel.: 0511-643-2561

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