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IV/19: Die Ziegeleitongrube Sachsenhagen: vom fossilen Ökosystem zur Hausmülldeponie

Das Sammlungsobjekt des Quartals

Vor etwa 140 Millionen Jahren, im Übergang Berriasium – Valanginium (Unterkreide) bedeckte die Gegend, in der heute die Hausmülldeponie Sachsenhagen südwestlich des Steinhuder Meers liegt, ein flaches Meer, das durch Meeresspiegelschwankungen innerhalb geologisch kurzer Zeit mehrfach zwischen den Ökosystemen Brackwasser – Lagune – Meer schwankte. Dementsprechend änderten sich auch die Lebensgemeinschaften von Zeit zu Zeit. Über ihre Zusammensetzung wissen wir durch zahlreiche gut erhaltene Fossilien Bescheid.



Dass sie entdeckt wurden, ist dem Umstand zu verdanken, dass dieses flache Meer bis zu 31 m mächtige Tonsteinschichten abgelagert hat, die 1904 zur Anlage einer Ziegeleitongrube führten. Zwischen den kompakten Tonsteinschichten liegen lagenweise Toneisensteingeoden und verschiedene Toneisensteinbänke. Gut erhaltene Fossilien wurden über mehr als 80 Jahre geborgen - häufig aus den Geodenlagen - und intensiv wissenschaftlich ausgewertet. 1986 wurde die Grube stillgelegt und 1991 zur Hausmülldeponie ausgebaut. Etwas überspitzt formuliert hat damit unser heutiges Ökosystem das fossile abgelöst. Heute ist die verfüllte Grube Teil des Entsorgungszentrums Schaumburg. Sie wurde zuletzt 2015 – 2016 in westlicher Richtung erweitert (Mutterlose 2017).

Bei den Fossilien handelt es sich überwiegend um Invertebraten, wirbellose Tiere. Zahlreich sind Muscheln und Schnecken, vor allem in den „Mischfaunen“ der brackischen Abschnitte. In den marin geprägten Lagen kommen vermehrt Ammoniten, Brachiopoden, Würmer (Serpuliden), Austern, See- und Schlangensterne vor – so auch unser Sammlungsobjekt des Quartals, eine Geode mit See- und Schlangensternen aus dem Unteren Valanginium. Aber auch Krebse lieferten bemerkenswerte und häufige Fossilien. Wirbeltiere (Vertebraten) sind selten, meist handelt es sich um Fischreste oder einzelne nicht zuordenbare Saurierwirbel, z.B. von Plesiosauriern. Aufsehen erregte 1916 der Fund des Schädels eines Meereskrokodils, das sich jetzt im Mindener Naturkundemuseum befindet. Trotz intensiver späterer Grabungen konnte kein weiteres Exemplar gefunden werden (Fischer 1992).

Auch Mineraliensammler kamen in Sachsenhagen auf ihre Kosten, denn bisweilen sind z.B. Schalen von Ammoniten – bedingt durch die organik- und metallhaltigen Schlämme und deren Ablagerung in sauerstoffarmem Milieu – pyritisiert oder von Kupferkiesbelägen überzogen, auch Hohlraumfüllungen mit Zinkblende oder Bleiglanz kommen vor (Fischer 1992).

Weitere Informationen können Sie dem Poster zum Thema entnehmen (Download, Format A3).



Literaturverweise

  • Arbeitskreis Paläontologie Hannover (APH; 2017): Fossilien aus der ehemaligen Ziegeleitongrube Sachsenhagen. 45. Jahrgang 2017: 1-73. Autoren: Udo Frerichs, Peter Girod, Lutz Kaecke, Jörg Mutterlose, Christian Schneider
  • Fischer, R. (1992): Ziegeleitongrube Sachsenhagen – ein Nachruf. Arbeitskreis Paläontologie Hannover, 2 (20): 25-32.
  • Mutterlose, J. (2017): Die ehemalige Tongrube Sachsenhagen. In APH, 45: 2-7.

Übrigens: Die BGR unterhält Sammlungen in Berlin und Hannover, hier in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG). Sie gehören zu den großen geowissenschaftlichen Sammlungen in Deutschland.

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Kontakt

    
Dr. Carmen Heunisch
Tel.: +49-(0)511-643-2529
Fax: +49-(0)511-643-532529

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