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I/2023: „Nachwachsende Rohstoffe“ - Sinterbildungen aus dem Harzer Bergbau

Die meisten geogenen Mineralbildungen entstanden vor vielen Millionen Jahren. Geologisch jüngere Beispiele stehen meist in Zusammenhang mit Ausfällungen und Sinterbildungen in (Tropfstein-) Höhlen sowie an Thermal- und Heilquellen. Häufig handelt es sich dabei um die Minerale Calcit oder Aragonit und es sind Bildungszeiträume von hunderten bis tausenden Jahren für die Ablagerungen nötig. Beim aktuellen „Sammlungsobjekt des Quartals“, einem 15 cm mächtigen, rhythmisch gebänderten Schwerspat-Calcit-Aggregat aus den Oberharzer Bergwerksgruben, ist das allerdings nicht der Fall. Hier handelt es sich um eine in äußerst kurzer Zeit entstandene Sinterbildung, die als Ausfällung an einer sogenannten Erzrolle (schachtartige Verbindung zwischen unterschiedlichen Niveaus) auf der 18. Sohle am Wiemannsbucht-Schacht des Erzbergwerks Grund bei Bad Grund im Harz entstand.

Der Ausgangspunkt lag bei diesem Objekt nicht am Ort seiner Entstehung. Einer lückenhaften Analyse aus dem Juli 1965 zufolge schüttete die sogenannte Quelle „Hangendgang“ auf der 16. Sohle die typischerweise hochmineralisierten Lösungen: ein Mineralwasser mit einem Abdampfrückstand bzw. Trockenrückstand von etwa 10 Gramm pro Liter (Sperling & Stoppel 1979, S. 86). Die bis zu 15 cm mächtige Ausfällung konnte deshalb in nur 16 Jahren zwischen 1977 (Ende des Abbaus im sogenannten „Hangendgang“) und 1993 (ein Jahr nach Schließung des Bergwerks) entstehen. Minerogenetisch ist zunächst dichter Baryt ausgefällt worden – weiß/graue Lagen innen – gefolgt von dunkelbraunen eisenreichen Lagen, die wahrscheinlich Zeugnis einer geringen Zuflussrate sind. Der Hauptteil wird durch Calcit-Ausfällungen gebildet, deren rhythmische Bänderung durch unterschiedliche Eisenhydroxid-Anteile optisch hervortritt.

Baryt/Calcit-Ausfällung an einer Erzrolle kurz vor der Probenahme an der 18. Sohle am Wiemannsbucht-Schacht des Erzbergwerks Grund im HarzBaryt/Calcit-Ausfällung an einer Erzrolle kurz vor der Probenahme an der 18. Sohle am Wiemannsbucht-Schacht des Erzbergwerks Grund im Harz Quelle: K. Stedingk, 1993

Wie und in welcher Zeit konnten diese Ausfällungen entstehen? Die folgenden Ausführungen dazu sind frei zitiert aus Stedingk (2002).

Zwischen 1864 und 1935 wurden vergleichbare Bildungsprozesse schon im Lautenthaler Revier studiert. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war das Vorhandensein von den als Salzsole bezeichneten Mineralwässern bekannt. Sie traten zunächst in geringen Mengen auf der 13. Sohle der Lautenthaler Grube auf. Diese führten zu Ausfällungen, die im Wesentlichen aus Baryt bestanden. Die Quelle im Abendsterner Gang zwischen den Schächten „Maaßen“ und „Güte des Herrn“ lieferte im Jahre 1888 ca. 40 Liter pro Minute; 1932 nahmen die Solemengen beim Abteufen eines Blindschachtes unterhalb der 14. Sohle auf 500 Liter pro Minute zu.

Chemische Analysen von 1888 und 1932 ergaben einen Salzgehalt der Solequelle, der fast fünf Mal höher ist als der des durchschnittlichen Meerwassers (Stedingk 2002).

Woher kamen diese Mineralwässer?

Auch die Solequellen des Harzrandes und des Vorlandes erreichten nicht annähernd diese hohen Konzentrationen. Die jüngeren Forschungen zeigen, dass die Mineralwässer im Grunder und Lautenthaler Revier dem gleichen Reservoir entstammen und die Quelle im tieferen Untergrund des Harzes liegt.

„Nach Modellrechnungen der initialen Lösungstemperatur erfolgt die Mobilisierung der hoch Barium- und Strontiumhaltigen Minerallösungen in einer Teufe von mindestens 4 Kilometern. Für den Wissenschaftler ist dies ein deutlicher Hinweis auf weiterhin aktive Lagerstättenbildung, in diesem Fall von Schwerspat-Gängen, in den Tiefen der Harzberge. Der volkstümliche Ausspruch „…es wachse das Erz…“ findet hier seine überraschende Bestätigung.“ (Stedingk 2002).


Probenehmer waren Klaus Stedingk (Werksgeologe der Preussag AG) gemeinsam mit Ulrich Vetter und Dieter Stoppel (beide BGR). Eines der Teilstücke fand im Januar 2023 im Rahmen einer Schenkung von Volker Lüders Eingang in die Sammlungen der BGR in Berlin. Dank gilt Volker Lüders und Klaus Stedingk auch für das Untertage-Foto und fachliche Informationen.


Literatur:

Sperling, H. & Stoppel, D. mit Beiträgen von Berthold, G. & Dennert, H. (1979): Beschreibung der Oberharzer Erzgänge (einschließlich der Neuaufschlüsse im Erzbergwerk Grund seit Erscheinen der Lfg. 2) - Die Blei-Zink-Erzgänge des Oberharzes. Lfg. 3. Monographien der deutschen Blei-Zink-Erzlagerstätten 3. Geologisches Jahrbuch, D34, 345 S., Hannover.

Stedingk, K. (2002): Exkurs: „Heilbad Lautenthal“?. In: Lautenthal – Bergbau- und Hüttengeschichte. - Hrsg.: Bergwerks- und Geschichtsverein Bergstadt Lautenthal, 42-46, Goslar.



Die BGR unterhält Sammlungen in Berlin und Hannover, hier in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG). Sie gehören zu den großen geowissenschaftlichen Sammlungen in Deutschland.

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Tel.: +49-(0)30-36993-412

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