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II/2023: Rankensteine - ein außergewöhnlicher Fund an einem Haus in Hannover

Es wird angenommen, dass in Deutschland jedes Gestein bekannt und untersucht ist. Ab und zu wird jedoch ein Gestein neu bzw. wiederentdeckt – so geschehen in der Spinozastraße 8 in Hannover Kleefeld.

Dort entdeckte unlängst Dr. Franz-Jürgen Harms einen ungewöhnlichen Stein an der Mauer und Teilen der Fassade einer burgartigen Villa. Die Bruchsteine zeigen an ihrer Oberfläche ausgeprägte, sich verzweigende, über- und durcheinanderliegende Wülste, die sehr plastisch hervortreten.

Erste Recherchen zum Haus und zum Stein ergaben, dass der Tierfutterhändler Wilhelm Schwartz sich dieses Haus 1908 errichten ließ. Architekt war Wilhelm Mackensen aus Hannover.

Die Suche nach der Herkunft des Gesteins gestaltete sich schwieriger, war jedoch erfolgreich. Die Steine stammen vom Vierenberg nordöstlich von Bad Salzuflen (Kreis Lippe, Nordrhein-Westphalen). Fraas (1910) beschrieb sie als „Rankensteine“. Diese wurden in einem Steinbruch abgebaut, der den Flurkarten zufolge, Wilhelm Schwartz gehörte.

Haus in der Spinozastraße in Hannover, an dessen Fassade die „Rankensteine“ verbaut wurdenHaus in der Spinozastraße in Hannover, an dessen Fassade die „Rankensteine“ verbaut wurden Quelle: F.-J. Harms

Was für ein Stein ist es? Die Wülste, wie auch die Bruchsteine, aus denen sie hervortreten, bestehen aus einem kalkfreien, dichten, harten, quarzitischen (Fein-)Sandstein von gelblichgrauer Farbe. Die Wülste variieren in ihren Dimensionen: die Durchmesser reichen von wenigen Millimetern bis etwa 3 cm und sie sind bis zu mehreren Dezimetern lang (Harms 2023).

Das Gestein am Vierenberg gehört stratigraphisch in die Obere Trias, den Rhätkeuper. Vor ca. 205 Millionen Jahren wurden am Grund eines flachen Meeresbodens feinsandige Sedimente abgelagert. Die Wülste werden heute als Spuren- bzw. Ichnofossilien interpretiert. Es sind Grabgänge von Organismen, die den Meeresboden durchwühlten – ähnliches kann man auch heute im Wattenmeer beobachten. Da keine Fossilien im Gestein gefunden wurden, kann man nur vermuten, welche Organismen diese Grabgänge verursacht haben. Am häufigsten werden sie mit Krebsen, insbesondere den Maulwurfskrebsen in Verbindung gebracht. Die Grabgänge sind mit sandigem Material gefüllt, der zu Sandstein verfestigt wurde. Das bedeckende tonige Material witterte nach dem Freilegen der Bänke aus, so dass die Grabgänge heute außerordentlich plastisch hervortreten.

Den Beweis für die Herkunft des Steins vom Vierenberg bei Bad Salzuflen erbrachten Dr. Franz-Jürgen Harms und Dr. Jochen Lepper in Form eines großen Belegstückes, das sie der BGR für ihre Geowissenschaftlichen Sammlungen  übergaben.

Großer Dank an F.-J. Harms, der nicht nur das Objekt, sondern auch seinen unveröffentlichten Bericht für diesen Text sowie die Fotos zur Verfügung stellte.


Literatur:

Fraas, Eberhard (1910): Rankensteine aus dem Rhätquarzit vom Vierenberg bei Schötmar (Hannover). 3. Jahresbericht der Niedersächsischen Geologischen Vereinigung.



Die BGR unterhält Sammlungen in Berlin und Hannover, hier in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG). Sie gehören zu den großen geowissenschaftlichen Sammlungen in Deutschland.

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Kontakt

    
Dr. Angela Ehling
Tel.: +49-(0)30-36993-412

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